Charaktere Corrado-Motoren: Vergleich und Erfahrungen
Die Vorgeschichte
Meine Fahrstunden wurden auf einem VW Käfer 1302 in einer Großstadt absolviert. Zum Einparken nicht das übersichtlichste Auto, aber wer's mit dem Käfer kann, kann's auch mit jedem andern Auto sagte man damals. Mein erstes Auto war dann auch ein "1200er Schrott-Käfer". Danach konnte nur und wurde es auch immer besser. Besondere Freude hatte ich mit dem 85 PS 1303 S. Damals, in den 70ern fast eine "Rakete". "Viel" mehr PS hatten die meisten Autos, die sich mit meinem leichten Käfer die Straße teilen durften, nicht ;-) :
Audi 100 S: 90 PS | Opel Manta A: 80 PS | Manta GT/E: 105 PS | Audi 80 GT: 85 PS | Escort RS 2000: 100 PS | Mercedes-Benz 220 D (W115) 60PS | Porsche 914 TARGA: 80 PS | BMW 1602: 86 PS
Der Übergang vom VW Käfer 1303 S mit 85 PS getuntem 1.6 Liter-Heckmotor und Heckantrieb auf den damals ziemlich neuen ersten Golf GTI mit 110 PS und Vorderradantrieb war schon ziemlich heftig. Alles war anders. Insbesondere das andere Fahrverhalten in Form von Übersteuern zu Untersteuern. Die Entscheidung fiel mir auch nicht leicht, aber nach einer ausgiebigen Probefahrt konnte ich nicht widerstehen und tauschte den Käfer plus Aufpreis gegen den GTI. So zuverlässig wie der Käfer war der 1er GTI leider nicht und nach 10 Jahren mit relativ viel Ärger stand ich kurz davor die Marke zu wechseln. Davon hielt mich nur ein sehr aufopferungsvoll kämpfender VW-Verkäufer ab. Vier Wochen lang versuchte er mich mit täglichen Telefonanrufen weich zu kochen, einen Golf II GTI 16V zu kaufen. Nach dem die Angebote immer besser wurden und ich irgendwann den Eindruck hatte, dass er sich jetzt zu meinen Gunsten vertan hatte, "schlug" ich zu.
Den Kauf habe ich nie bereut. Der GTI 16V war qualitativ wesentlich besser als der Einser GTI, aber da durch den fehlenden Katalysator die Wiederverkaufschancen langfristig zu sinken drohten, wurde nach nur drei Jahren der GTI 16V verkauft und ein nagelneuer Corrado G60 bestellt.
Meine VW's
April 1990 Nagelneuer Corrado G60
Im April 1990 konnte ich das edle Stück mit mehrteiligen BBS-Rädern und Darkburgundy-Lackierung vom VW-Händler abholen. Die Begeisterung war groß. Auf Anhieb fühlte ich mich im Auto wohl, es passte sozusagen wie ein Maßanzug. Das richtige Auto für Fahrer mit etwas Benzin im Blut. Die Straßenlage war gegenüber dem gewiss nicht schlechten Golf 16V nochmals, durch den tieferen Schwerpunkt und weiteren Detailverbesserungen, spürbar verbessert worden. In engen Kurven konnte der Corrado seine Vorteile herausragend ausspielen. Der Motor überzeugte durch eine gleichmäßige, unspektakuläre Kraftentfaltung und einer hervorragenden Elastizität. Dabei lag der Benzinverbrauch sogar unter dem des Golf GTI 16V.
1997 bekam der G60 ein Chiptuning, dass auf höheres Drehmoment im mittleren Bereich und eine bessere Beschleunigung im Bereich von 80 km/h bis 120 km/h ausgelegt war. Dabei wurde zwar die Vmax. nicht erhöht, aber im mittleren Bereich eine deutliche Verbesserung registriert.
Von Problemen blieb der G60 nicht verschont, doch die Liste der Ärgernisse war relativ kurz: Zwei Batterien, elektr. Steuergerät für die Fensterheber und der Tacho (Kulanz) sind alle in sieben Jahren aufgetretenen Probleme. Insgesamt behalte ich den G60 in sehr positiver Erinnerung.
Der Vergleich 1997 - einen VR6 ergattert
Die Beschleunigung aus dem Stand war nicht so gleichmäßig wie beim G60. Der VR6 kommt so richtig bei ab 3800 U/min zu Sache. Auf der Autobahn, im 4./5. Gang, habe ich festgestellt, dass der VR6 im fünften Gang einem gut gehenden G60 bis etwa 210 km/h nicht entscheidend davonfahren kann. Danach fällt der G60 dann aber deutlich zurück. Etwas anderes ist es aber, wenn der VR6 im 4.Gang beschleunigt weil der 6-Zylindermotor etwas länger ausgedreht werden kann.
Ein Nachteil bei vergleichbarer Fahrweise hat der VR6 aber, der Benzinverbrauch ist um ca. ein Liter höher.
Beim Wechsel der Bereifung wurden erhebliche Verbesserungen, vor allem bei nasser Strasse, erzielt. Z.B. Verbesserung des Trockenhandling mit leichten Nachteilen beim Nasshandling, oder bessere Seitenführung zu Lasten der Lautstärke.
Änderungen
Nein, die 190 Serien-PS waren mir wirklich nicht zu wenig, was mich aber etwas störte, war die relativ starke Wärmeentwicklung im Bereich der Schaltbox, die vermutlich durch den Krümmer verursacht wurde. Als Lösung bot sich der Austausch der Krümmers durch einen Fächerkrümmer an.
Ja und dann, im Juni 98 kamen, beim damals sehr bekannten Tuner Hartmann Motorsport in Stuttgart, weitere mir sinnvoll erscheinende Änderungen dazu:
- Edelstahl- Fächerkrümmer
- Sportabgasanlage komplett ab Kat
- Saugrohrbearbeitung (Erweiterung + Luftwegoptimierung)
- Steuergeräteanpassung (Chiptuning)
- Textilluftfilter (sinnvoll?)
Hartmann verspracht für diese Tuningstufe HP 65B folgende Werte:
- 215PS bei 6500 U/min,
- 276 Nm bei 4200 U/min
- 247 km/h Vmax.
Der Spritverbrauch sollte dabei gegenüber der Serie geringer sein.
Die erste Leistungsmessung ergab lediglich 193 PS. Herr Jörg Hartmann untersuchte den VR6 auf dem Leistungsprüfstand und änderte die Einstellung der Drosselklappe. Weiterhin wurde der Luftfilterkasten und der Luftfilter für eine bessere Luftzufuhr optimiert. Eine erneute Messung ergab dann 208 PS bei einer relativ hohen Einlasslufttemperatur von 30 Grad, so dass eine Leistung von 215 PS bei 20 Grad lt. Berechnung möglich erscheint.
Der Sound der Hartmann Abgasanlage ist wirklich sehr schön und passt so richtig gut zum Sechszylinder. Bei längeren Fahrten wurde der Sound nie aufdringlich oder nervend.
Trotz der Leistungssteigerung konnte ich keine Erhöhung der Benzinverbrauchs feststellen. Bisher, nach über 25 Jahren (Junli 2023), sind keinerlei Motorprobleme mit oder durch diese Änderungen aufgetreten.
Vorteil ...aber für wen?
Vorteil G60
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sportlicheres Verhalten in engen Kurven
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sparsamer im Benzinverbrauch
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einfacher und preiswerter zu tunen.
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G-Lader ist eine besondere und seltene Technik (Kultstatus)
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das Original - hat als erster den Youngtimer und Oldtimerstatus erhalten
Vorteil VR6
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komfortabler
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bessere Beschleunigung und größere Höchstgeschwindigkeit
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Sechszylinder ist, leicht abgewandelt auch in vielen anderen Modellen von VW und anderen Herstellern im Einsatz.
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Besseres Image, höherer Wiederverkaufswert
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bis Juni 95 gebaut
Gibt's den ? Der bessere Corrado
Selbst nach über 34 Jahren (1990-2024) Corradoerfahrung mit drei unterschiedlichen Motorvarianten traue ich mir kein seriöses, abschließendes Urteil zu. Eine Menge Fahrspaß bieten alle von mir gefahrenen Corrados. Je nach Vorlieben fühlt man sich im G60 oder VR6 besser aufgehoben.
Mir hat immer das Design des Corrados gefallen - und das ist ja unabhängig vom Motor.
Meine persönliche Kaufentscheidung (wenn alle Corradomodelle noch gebaut würden) :
Ich würde mir wahrscheinlich wieder einen Corrado mit G-Lader kaufen - einfach weil der Spirallader so exotisch selten ist!
Vielleicht ist aber auch der 16V oder der 2.0 eine gute Alternative. Der 2.0i sieht schneller aus, als er in Wirklichkeit ist. Er ist aber eine Empfehlung für Leute, die Wert auf Optik, günstigen Unterhalt, problemlose Motortechnik und weniger auf Motorkraft legen, oder langfristig planen den Motor gegen einen anderen aus dem VW/Audi-Regal auszutauschen. Z.B. gegen den 1.8 Turbo-Motor oder den 1.4 TSI mit 170 PS. Ob das wirklich, bei einem Oldtimer noch Sinn macht, muss jeder selbst entscheiden. Ein H-Kennzeichen wäre dann aber nicht mehr möglich.
Fahrspaß garantiert
egal ob VR6, G60, 16V oder 2.0
Nachtrag
Nachdem ich seit Oktober 1997 mit dem serienmäßigen VR6 und seit 6/98 mit der leicht getunten Version ( 215 PS) Erfahrungen sammeln konnte, möchte ich folgendes hinzufügen:
Der Corrado VR6 hat einen begeisternden Motor, der seine Stärken vor allem auf der Autobahn und Landstraßen zur Geltung bringt. Vereinzelt ist zu lesen, dass der VR6 "träge" sei. Ich meine, dies Trifft höchstens dann zu, wenn der VR6 nicht im richtigen Gang und Drehzahl bewegt wird. Für den Stadteinsatz ist sicherlich ein 2.0 oder 16V durch den viel geringeren Verbrauch besser geeignet.
Der bessere Motor
Oft gibt es diese Diskussionen über den "besseren" Corrado. Sie haben aber noch nie zu einem eindeutigen Ergebnis geführt. Nach meiner Meinung sind in diesem Zusammenhang gemachte Pauschalaussagen alle falsch.
Es gibt nicht den besseren Motor !
Es kommt einfach auf den überwiegenden Einsatzzweck und die persönlichen Prioritäten an. Die die gemessenen Fahrleistungen von objektiven Testberichte der Autozeitungen (und denen vertraue ich mehr als den subjektiven Berichten in manchen Foren) sprechen nach den reinen Messwerten eindeutig und ohne Zweifel für den VR6. Daran gibt es nach meiner Meinung und langjährigen Erfahrung auch nichts dran zu rütteln.
Die Messwerte sind aber nicht alles was ein Sportwagen ausmacht. Wer beide Motorvarianten mal längere Zeit gefahren hat, wird eine Vorliebe für die eine oder andere Variante entwickeln.
Ich denke alle Corradomotorisierungen haben ihre Berechtigung - leider hat VW zu lange nur einen Motortyp angeboten und damit den Kreis der potentiellen Käufer klein gehalten.
Bei getunten Motoren ist eine Vergleichbarkeit eigentlich nicht gegeben. Dazu müsste, unter Bedingungen wie die Autozeitungen testen, ein Vergleich durchgeführt werden.